{"id":2587,"date":"2021-07-29T22:17:00","date_gmt":"2021-07-29T20:17:00","guid":{"rendered":"https:\/\/frachtwerk.fw-web.space\/?p=2587"},"modified":"2024-09-10T13:48:46","modified_gmt":"2024-09-10T13:48:46","slug":"wann-brauche-ich-eigentlich-einen-av-vertrag","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/frachtwerk.fw-web.space\/wann-brauche-ich-eigentlich-einen-av-vertrag\/","title":{"rendered":"Wann brauche ich eigentlich einen AV-Vertrag?"},"content":{"rendered":"\n

Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge aus dem DSGVO-Urwald! Heute m\u00f6chten wir uns der Frage widmen, wann genau man eigentlich einen dieser omin\u00f6sen AV-Vertr\u00e4ge abschlie\u00dfen muss. AV-Vertr\u00e4ge (\u201cAuftragsverarbeitungsvertrag\u201d) sind ein bisschen wie b\u00f6se Herbidize: Keiner kann sie leiden, viele m\u00fcssen sie trotzdem nutzen und wer sie falsch verwendet, bekommt Ausschlag und eine Menge \u00c4rger.<\/p>\n\n\n\n

Keiner wei\u00df, was sie in der Praxis wirklich bringen und man verwendet lieber ein bisschen zu viel als zu wenig \u2013 nicht, dass am Schluss der Landesdatenschutzbeauftragte auf der Matte steht und l\u00e4ssig im Bu\u00dfgeldkatalog bl\u00e4ttert!<\/p>\n\n\n\n

Und wie bei fast allen Themen aus dem Datenschutz ranken sich die wildesten Mythen um AV-Vertr\u00e4ge und fragt man 10 Menschen danach, wann es denn nun eigentlich einen AV-Vertrag braucht, bekommt man 11 Meinungen. Webhoster br\u00e4uchten auf jeden Fall einen, Cloud-Computing-Anbieter auch, E-Mail-Dienstanbieter manchmal, Druckereien auf jeden Fall, Mobilfunkprovider eher nicht, bei Office 365 ist man sich nicht so ganz sicher, Apple bietet daf\u00fcr gar nicht erst einen an. <\/p>\n\n\n\n

TKG-Anbieter br\u00e4uchten keinen, au\u00dfer sie betreiben zus\u00e4tzlich eine Cloudspeicherl\u00f6sung, Steuerberater auch nicht, Banken auch nicht, zahn\u00e4rztliche Verrechnungsstellen aber schon. Und Airlines \u2013 die ja seit 9\/11 quasi eine Standleitung zu US-Geheimdiensten haben \u2013 kommen in den meisten Betrachtungen noch nicht einmal vor.<\/p>\n\n\n\n

Ein bisschen dr\u00e4ngt sich der Eindruck auf, dass alles, was mit diesem Internet zu tun hat \u2013 Webhoster, Die b\u00f6se Cloud, Backups \u2013 eher einen AV-Vertrag brauchen und alles, was nicht mit dem Internet zu tun hat \u2013 Steuerberater (Schreibmaschine), Banken (\u00dcberweisungstr\u00e4ger), Mobilfunkprovider (ist ja Telefon und kein Internet), Airlines (Papierticket) \u2013 eher davon befreit ist. So deutsch, so gut.<\/p>\n\n\n\n

Klassische Kriterien<\/h2>\n\n\n\n

Da uns das aber alle nicht so ganz gl\u00fccklich macht, begeben wir uns doch mal auf die Suche nach geeigneten Kriterien:<\/p>\n\n\n\n

Ein in der Literatur gerne genutztes Kriterium ist das der Weisungsbefugnis. Immer dann, wenn eine Firma nur genau das tut, was ich von ihm oder ihr m\u00f6chte und ich dieser Firma dazu auch noch personenbezogene Daten \u00fcbermittle, liegt eine Auftragsverarbeitung vor. Das funktioniert h\u00e4ufig, hat allerdings seine Schw\u00e4chen und das f\u00e4ngt schon beim Begriff der Weisungsbefugnis an. Wann bin ich denn zu Weisungen befugt? Bei der kleinen Druckerei um die Ecke f\u00fchlt sich das noch ganz gut an, beim externen Lohnb\u00fcro auch. <\/p>\n\n\n\n

Aber kann ich meinem Cloudprovider Weisungen erteilen? Und bin ich Microsoft gegen\u00fcber zu Weisungen befugt? H\u00e4ufig f\u00fchlt es sich eher an, als ob Microsoft marktmachtbedingt eher mir Weisungen \u00fcbermittelt. Und bin ich einem Hotel gegen\u00fcber, dem ich jede Woche Mitarbeiterdaten f\u00fcr Kollegen auf Montage schicke nicht auch irgendwie weisungsbefugt? So recht \u00fcberzeugen kann das Kriterium nicht.<\/p>\n\n\n\n

Zweites, h\u00e4ufig genanntes Kriterium ist die Menge der personenbezogenen Daten. Je mehr Daten \u00fcbermittelt werden, desto h\u00f6her die Wahrscheinlichkeit f\u00fcr einen AV-Vertrag. Finde ich pers\u00f6nlich schwierig als Kriterium, denn wer sagt denn, ab wann \u201cviel\u201d auch tats\u00e4chlich \u201cviel\u201d ist? Und was passiert mit den zehn Menschen, deren Daten leider nicht durch einen AV-Vertrag gesch\u00fctzt waren, weil zehn zu wenig war \u2013 haben die dann leider einfach Pech gehabt?<\/p>\n\n\n\n

Ebenso gerne genutzt ist das Kriterium, ob denn die Verarbeitung personenbezogener Daten den \u00fcberwiegenden Anteil eines Vertrags darstellt oder eher beil\u00e4ufig geschieht. Ein wunderbar dehnbares Argument! Steht beim Druck einer Visitenkarte das physische Produkt im Vordergrund oder die \u00fcbermittelten Daten? Und welcher Anteil der Daten\u00fcbermittlung an Microsoft ist bei der Nutzung von Office 365 denn personenbezogen?<\/p>\n\n\n\n

Ein Blick ins Gesetz<\/h2>\n\n\n\n

Bleibt also zu hoffen, dass ein Blick in die DSGVO Klarheit bringt. Artikel 28 regelt das Verh\u00e4ltnis des Auftragsverarbeiters, eine Legaldefinition liefert Artikel 4 Nummer 8: Auftragsverarbeiter sind alle nat\u00fcrlichen oder juristischen Personen, Beh\u00f6rden, Einrichtungen oder andere Stellen, die personenbezogene Daten \u201cim Auftrag des Verantwortlichen\u201d verarbeiten. <\/p>\n\n\n\n

Herzlichen Gl\u00fcckwunsch \u2013 ein Auftragsverarbeiter verarbeitet im Auftrag, gro\u00dfartig. Und dass Art. 4 Nr. 2 DSGVO \u201cVerarbeitung\u201d als alles von Erheben bis Verbreiten und Vernichten definiert, macht die Sache auch nicht einfacher \u2013 ein \u201cAuftragsverarbeiter\u201d kann also sowohl ein \u201cAuftragserheber\u201d, als auch ein \u201cAuftragsweitergeber\u201d oder ein \u201cAuftragsvernichter\u201d sein\u2026 Immerhin der Kontext hilft ein wenig weiter: Art. 4 Nr. 10 DSGVO unterscheidet ausschlie\u00dflich zwischen:<\/p>\n\n\n\n