Einleitung
Wir leben in einer zunehmend kapitalistischen Welt. Dabei ist dieser Kapitalismus der Auslöser für die drängenden Herausforderungen unserer Zeit – von der Ressourcenknappheit über die Klimakrise, vom Verlust der Artenvielfalt bis hin zur wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich. Eigentlich soll die Wirtschaft dem Gemeinwohl dienen, so wie es in vielen Verfassungen festgehalten ist. Doch die Realität sieht oft anders aus.
An dieser Stelle setzt die Idee der Gemeinwohlökonomie an. Sie stellt ein innovatives und nachhaltiges Wirtschaftsmodell dar, mit dem Ziel, ethisches und auf das Gemeinwohl konzentriertes Wirtschaften zu etablieren.
Auch bei Frachtwerk verfolgen wir das Ziel, wie es in unserer Vision (“gemeinsam die Welt von morgen gestalten. digital. nachhaltig.”) verankert ist, nachhaltiger zu agieren und setzen uns mit den Auswirkungen unserer geschäftlichen Tätigkeiten auf unsere Umwelt und die Gesellschaft auseinander. Als Instrument dafür haben wir uns entschieden, eine Gemeinwohlbilanz aufzustellen.
Doch bevor wir uns näher mit der Gemeinwohlbilanzierung beschäftigen, werfen wir in diesem Blogartikel einen genaueren Blick auf die Grundprinzipien der Gemeinwohlökonomie.
Was ist die Gemeinwohlökonomie?
Christian Felber, der Initiator der Gemeinwohlökonomie, kritisiert in seinem Buch “Gemeinwohl-Ökonomie” die derzeit gängige Interpretation des Ziels des Wirtschaftens. Viele von ihm Befragte geben an, dass das Ziel, das Vermehren von Geld sei.
Bereits vor über 2000 Jahren unterschied Sokrates zwischen der Lehre des Haushaltens, der Ökonomie und dem reinen Gelderwerb. Dies verdeutlicht, dass der ursprüngliche Begriff der Ökonomie mit dem Gemeinwohl verbunden war und unserer heutigen Wirtschaftsform zu weiten Teilen nicht als Ökonomie bezeichnet werden, da wir nicht haushalten, sondern Geld vermehren.
Verschiedene demokratische Verfassungen wie die Bayerns, aber auch die Italiens und Kolumbiens, legen das Gemeinwohl als Ziel wirtschaftlicher Aktivitäten fest.
“Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dient dem Gemeinwohl.”
– Artikel 151 der Verfassung Bayerns
Ausgehend von dieser Grundlage erläutert Christian Felber, wie der Wandel zu einer Gemeinwohlökonomie gelingen kann. Er betont die Notwendigkeit, das Gemeinwohl zu definieren, messbar zu machen und somit die Zielerreichung von Unternehmen transparent zu gestalten.
Ein zentrales Werkzeug in der Gemeinwohlökonomie stellt damit die Gemeinwohlmatrix dar. Sie definiert das Verständnis von Gemeinwohl, während aufbauend auf dieser die Gemeinwohlbilanz die Messbarkeit sicherstellt.
Basierend auf der Messbarkeit und Transparenz des Gemeinwohls strebt die Gemeinwohlökonomie folgenden Wirkmechanismus an:
Unternehmen mit positiven Gemeinwohlbilanzen werden durch Vorteile, wie niedrigeren Steuern und Zöllen, günstigeren Krediten, Vorzug bei öffentlicher Beschaffung oder bei Forschungsprogrammen, belohnt. Dadurch kann es gelingen, dass ethische (ökologische, soziale) Produkte und Dienstleistungen günstiger werden als unethische, wodurch sie sich am Markt behaupten können. Dieses Vorgehen sorgt somit für eine Einpreisung der externalisierten Kosten (also Kosten, die von Produzenten und Konsumenten verursacht, aber von der Gesamtgesellschaft getragen werden).
Gemeinwohl-Matrix und die Bilanzierung
Welche Aspekte unter dem Begriff Gemeinwohl bedacht werden, ist in der Gemeinwohl-Matrix definiert. Sie baut dabei auf den Werten Menschenwürde, ökologische Verantwortung, Solidarität und soziale Gerechtigkeit sowie demokratische Mitbestimmung und Transparenz auf.
Alle diese Werte werden unter den Gesichtspunkten von fünf Berührungsgruppen näher betrachtet. Die Berührungsgruppen sind Lieferant:innen, Eigentümer:innen und Finanzpartner:innen, Mitarbeitende, Kund:innen und Mitunternehmen und das gesellschaftliche Umfeld.
In Summe ergeben sich 20 Matrixfelder, in denen definiert ist, wie sich ein Gemeinwohlunternehmen zu verhalten hat.
Die Gemeinwohlbilanz nutzt diese Matrix, um einen Gemeinwohlbericht zu erstellen. Im Bericht wird zu jedem der Matrixfelder eine Vielzahl an Berichtsfragen beantwortet sowie verpflichtende Indikatoren angegeben. Dieser wird im Anschluss durch eine externe Evaluation testiert.
Warum lässt Frachtwerk sich gemeinwohlbilanzieren?
Als Frachtwerk haben wir es uns zum Ziel gesetzt, nachhaltig zu agieren. Als Mitarbeitende möchten wir für ein Unternehmen arbeiten, das sein Handeln kritisch hinterfragt und dessen Einfluss auf die Welt – sowohl auf die Umwelt als auch auf die Gesellschaft – sorgfältig bedenkt. All dies ermöglicht uns die Gemeinwohlbilanzierung. Sie ermöglicht uns, unsere Vision mit Leben zu füllen. Durch die Bilanzierung hinterfragen wir unser Handeln bei Frachtwerk genau, erkennen Probleme und beginnen Lösungen zu entwickeln, um ein umwelt- und gesellschaftsfreundlicheres Unternehmen zu werden – zum Wohle der Umwelt, der Gesellschaft und letztlich auch unserer selbst.
Wir glauben daran, dass unsere Bilanzierung zur Verbreitung der Gemeinwohlökonomie beitragen kann und eine Wirtschaft fördert, die sich stärker auf das Wohl der Gesellschaft konzentriert als auf reine Gewinnmaximierung.
Unseren Bilanzierungsprozess wollen wir in einer Blogartikelserie begleiten. Im nächsten Beitrag gehen wir darauf ein, wie der Prozess der Gemeinwohlbilanzierung bei Frachtwerk konkret ablaufen wird.
Quellen
- Vortrag von Christain Felber am 04.05.2023 an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU)
- C. Felber (2014) “Die Gemeinwohlökonomie. Eine demokratische Alternative”
- Webauftritt der Gemeinwohlökonomie Deutschland (https://germany.ecogood.org/)